In unserer Arbeit ist es uns ein großes Anliegen nicht den einen Weg, die richtige Strategie oder gar die goldene Lösung für Themen oder Herausforderungen zu propagieren. Wir sind fest davon überzeugt, dass jede Familie ihren ganz individuellen Weg finden darf und man mitunter einiges ausprobiert, bis man das Passende für sich gefunden hat.
Dennoch leben wir in einer Zeit, in der es zahlreiche Studien, wissenschaftliche Erkenntnisse, Erfahrungsberichte etc. gibt, auf Grundlage derer man Entscheidungen treffen kann. Die Informationsflut ist größer denn je und zu jeder Zeit verfügbar. Sich darin zurecht zu finden ist gar nicht mal so leicht. Daher möchten wir mit unserer Arbeit Familien dabei begleiten, die für sie persönlich wichtigen Informationen herauszufiltern und einen Weg zu finden, der sich gut anfühlt.
Unsere Beratung ist natürlich auch durch verschiedene Erkenntnisse und Erfahrungen beeinflusst. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die bedürfnisorientierte Haltung. Wir empfinden es als elementar die Bedürfnisse aller Familienmitgliedern (nicht nur des Babys!) wahrzunehmen und bei Entscheidungen zu berücksichtigen. Wie sich das dann ausgestaltet ist wiederum sehr individuell. Für die eine Familie heißt das, dass alle in einem großen Familienbett schlafen, da das Kind viel Nähe braucht und die Mama entspannter in den Schlaf stillen kann; für die anderen heißt das, dass das Kind im eigenen Bett schläft, weil das Baby viel Platz für sich braucht und die Eltern besser schlafen, wenn das Kind nicht neben ihnen liegt. Und dazwischen gibt es noch so viel mehr Möglichkeiten.
Es ist vor allem entscheidend zu erkennen, dass jeder Mensch, jedes Familienmitglied bestimmte Bedürfnisse hat, auch die Kleinsten. Und dass diese nicht einfach übergangen werden, sondern Beachtung finden und man je nach Situation versucht, diese Bedürfnisse gut zu vereinen. Viele Eltern, oft die Mamas, vergessen dabei ihre eigenen Bedürfnisse oder stellen sie sehr in den Hintergrund. Und es ist ja im Familienalltag auch ganz schön schwierig, Zeit und Ressourcen für die eigenen Bedürfnisse zu finden! Daher ist es umso wichtiger, sich so gut es geht Unterstützung zu holen. Den Partner/die Partnerin einzubeziehen, vielleicht Verwandte, Freunde, Doulas, Ehrenamtliche etc.
An dieser Stelle schlagen wir die Brücke zum "artgerecht"-Gedanken.
Wenn Sie verstehen, was artgerecht für Menschenkinder ist, sehen Sie Ihr Baby mit neuen Augen. Plötzlich verstehen Sie, warum es weint, was es braucht, was Sie jetzt tun können. (Schmidt, Nicola (2015). artgerecht. Das andere Baby-Buch.)
Was ist artgerecht? Das spannende daran ist, dass dabei geschaut wird, was uns als Menschen tausende Jahre lang geprägt hat. Denn wie wir heutzutage leben besteht erst seit sehr kurzer Zeit. Leben in Großstädten, Technologisierung und Digitalisierung, Überfluss an Konsumgütern.. und vor allem auch das Leben in einer Kleinfamilie. Wenn man sich die Menschheitsgeschichte anschaut, haben wir die meiste Zeit in einer großen Gemeinschaft gelebt. Auch heute würden wir immens von einem solchen Gemeinschaftsleben profitieren. Wir erwarten mittlerweile sogar von uns, dass wir doch eigentlich alles alleine schaffen müssten - Kinder, Haushalt, Job, Partnerschaft, Freizeit, Selbstfürsorge, ... - das ist verdammt viel verlangt! Es ist ganz normal um Hilfe zu bitten und sich Unterstützung zu holen. An dem so vielfach geteilten Zitat "Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen." ist sehr viel Wahres dran. Zumindest hat es der Mensch über den größten Zeitraum seiner Existenz so gehandhabt.
Und daneben gibt es noch so Vieles mehr, das tief in uns verankert ist und unser Leben prägt. Ein plakatives Beispiel, das gerne zur Veranschaulichung herangezogen wird, ist der Umgang mit dem Babyschlaf. Babys schlafen in der Regel (ja, es gibt immer Ausnahmen) deutlich besser ein, wenn sie nicht alleine sind. Und oft braucht es auch zusätzliche Hilfen, wie engen Körperkontakt, Bewegung oder Saugen. Das ist völlig normal! Babys, die vor tausend Jahren irgendwo zum Schlafen hingelegt und alleine gelassen worden wären, hätten keine große Chance gehabt die Nacht zu überleben. Wilde Tiere oder Kälte hätten sie ziemlich schnell erreicht. Unsere Realität ist heute natürlich anders. Die meisten haben ein Dach über dem Kopf und sind sicher. Das wissen nur die Gehirne unserer Babys noch nicht. Sie verhalten sich immer noch so, wie sie tausende Jahre geprägt wurden. Babyschlaf ist leicht und sie werden regelmäßig wach, um sich Nahrung zu holen oder zu checken, ob weiterhin alles in Ordnung ist. Was für ein überlebenswichtiger Skill!
Das artgerecht-Projekt betrachtet noch viel mehr und genauer, wo unsere Babys eigentlich "herkommen". Mit welchen Prägungen sie die Welt sehen und warum sie sich so verhalten, wie sie sich verhalten. Das kann eine riesengroße Entlastung sein, wenn man verstehet, warum bestimmte Dinge so sind wie sie sind. Wie man dann damit umgeht, bleibt jedoch wieder jeder einzelnen Familie selbst überlassen! Das heißt nicht, dass wir nur in einer großen Gemeinschaft gut aufwachsen oder unsere Babys 24h bei uns tragen müssen. Jedes Baby, jede Familie ist anders und wir leben ja auch in einer Welt, wo wir beispielsweise von den Fortschritten in der Technik profitieren kann. Da darf die Federwiege auch das menschliche auf dem Arm wippen von Zeit zu Zeit ergänzen oder das Babyfon dafür sorgen, dass wir unseren kleinen Zwerg auch auf die Entfernung gut im Blick haben.
Wir können guten Gewissens ein paar Links empfehlen, die euch vielleicht interessieren und gute Einblicke in die verschiedenen Thematiken geben:
https://www.kinder-verstehen.de/mein-werk/artikel/auf-der-suche-nach-einem-artgerechten-entwicklungsrahmen/
https://www.kinder-verstehen.de/mein-werk/blog/neulich-in-der-zeit-attachment-parenting-nochmal-eine-version/
https://www.youtube.com/watch?v=eeQ_Ftg8WYs&t=707s
https://www.youtube.com/watch?v=36nN9Y-jpnE
Quellen:
https://www.kinder-verstehen.de (Stand: 04.04.2022, 14.30 Uhr)
Schmidt, Nicola (2015). artgerecht. Das andere Baby-Buch. München: Kösel-Verlag.
Es kann helfen sich über verschiedene Ansätze zu informieren und Wissen zu Themen zu sammeln, mit denen ihr euch gerade beschäftigt. Ein Buch oder wenige gute Websites, mit denen ihr euch identifizieren könnt, genügen aber voll und ganz!
Und noch wichtiger ist: Betrachtet Infos aus Ratgebern oder dem Internet als Warenangebot. Nehmt euch nur das heraus, was sich für euch stimmig anfühlt. Jedes Kind, jede Familie ist anders und kein Tipp der Welt funktioniert für jeden Menschen gleich (gut).
Ihr müsst euch nicht für DEN einen Ansatz entscheiden. Man kann sich wunderbar von verschiedenen Methoden, Ansätzen und Stilen inspirieren lassen und aus allen die für einen passendsten Aspekte herausnehmen.